Was ist ein Trauma?

Unter einem Trauma wird häufig sowohl ein traumatisierendes Ereignis, das sowohl den Körper als auch die Seele verletzen kann, als auch die Reaktion der Überlebenden, d. h. die seelische Verletzung nach der Konfrontation mit einem traumatisierenden Ereignis, verstanden. Ein Trauma löst bei den Betroffenen unmittelbar ein Gefühl von massivem Schrecken, Entsetzen oder Ohnmacht und Hilflosigkeit aus. Potenziell traumatisierende Ereignisse sind z. B. Naturkatastrophen, schwere Unfälle, die unmittelbare Konfrontation mit Tod, schwere Körperverletzung, Folter, Krieg, Vertreibung und Flucht, sexualisierte Gewalt, oder Vernachlässigung und Gewalterfahrungen in der Kindheit. Besonders die sogenannten „man-made-disasters“, d. h. das Leid, das von Menschen zugefügt wurde, sind häufig mit schweren Folgen für die psychische Gesundheit verbunden.

Traumatische Ereignisse können einmal passieren, aber auch sehr lange Zeit andauern und sich wiederholen. Sie können im Erwachsenenalter stattgefunden haben oder schon in der Kindheit. Man kann sie selbst erleben, Zeug*in davon werden oder erfahren, dass nahen Personen ein Trauma zugestoßen ist. In allen Fällen kann sich eine psychische Störung entwickeln. Jedoch entwickeln nicht alle Menschen, die Belastendes erlebt haben, Symptome einer Traumafolgestörung.

Die körperlichen Verletzungen verheilen oft schneller als die seelischen Verletzungen, häufig bleiben hier aber Narben und Schmerzen zurück, die an die traumatischen Erlebnisse erinnern, oder es bestehen über einen langen Zeitraum hinweg noch körperliche Beschwerden. Die seelischen Verletzungen hingegen sind auf den ersten Blick unsichtbar. Trotzdem haben sie große Auswirkungen auf das alltägliche Erleben und Verhalten: Anspannung, Schmerz, Angst, Panik, Hilflosigkeit, Wut, ein Gefühl der Entfremdung… All diese Symptome bedeuten nicht, verrückt zu werden, sondern sind eine normale Reaktion auf ein Trauma.

Viele Menschen erleben im Laufe ihres Lebens ein potenziell traumatisierendes Ereignis. Doch jede*r reagiert unterschiedlich auf eine solche Erfahrung. Einige verarbeiten ein Trauma fast unbeschadet, andere tragen schlimmere psychische Verletzungen davon, oft entwickeln sich Probleme und Symptome erst nach mehreren Monaten oder sogar Jahren. Wenn die Beschwerden länger anhalten, spricht man von der Entwicklung einer Traumafolgestörung. Das passiert besonders häufig, wenn eine traumatische Erfahrung nicht zufällig passiert ist (z.B. durch ein Erdbeben), sondern absichtlich durch andere Menschen verursacht wurde, wie es bei der Folter der Fall ist. Traumafolgestörungen können bei den Betroffenen selbst oder bei Zeug*innen auftreten.  Typische Symptome einer Traumafolgestörung sind:

  • Wiederkehrende, ungewollte und belastende Erinnerungen an das Ereignis
  • Alpträume und Schlafstörungen
  • Ängste, Panikattacken
  • Vermeidung von Auslösern, die an das traumatische Ereignis erinnern könnten
  • Ständige hohe Anspannung und überhöhte Wachsamkeit
  • Depressivität, Niedergeschlagenheit, Traurigkeit
  • Verlust von Freude und Interesse, sozialer Rückzug
  • Reizbarkeit und Aggressivität
  • Konzentrationsstörungen oder Vergesslichkeit
  • Körperbezogene Beschwerden, wie z. B. Schmerzen, Somatisierungsstörungen
  • Schuld- und Schamgefühle
  • Ein Gefühl der Entfremdung und/oder Verlust von Vertrauen
  • Ein übermäßiger oder missbräuchlicher Konsum von Substanzmitteln wie Alkohol oder Drogen
  • Dissoziative Symptome, d. h. zeitweiser Verlust des Realitätsgefühls (Orientierung in Zeit und Raum) oder bestimmter Sinnes- oder Körperfunktionen, oder das Fehlen von Erinnerungen an das traumatische Ereignis.

Was passiert in der Traumatherapie?

Ziel der psychotherapeutischen Behandlung einer Traumafolgestörung ist die Wiederherstellung der geistigen, seelischen und körperlichen Gesundheit der Betroffenen. Dauer und Erfolg der Behandlung sind abhängig von der Art sowie Zeitdauer der Einwirkung des traumatisches Ereignisses sowie den Lebensbedingungen der Überlebenden. Der schrittweise Prozess der Traumabewältigung wird unterstützt durch Stabilisierungsübungen, Entspannungstechniken und Psychoedukation. Die Psychotherapie bietet einen geschützten und sicheren Rahmen, um über das Erlebte zu sprechen und gemeinsam Wege zu finden, mit den traumatischen Erinnerungen umzugehen und die Belastung durch die Symptome der Traumafolgestörung zu reduzieren. Ein stabiles und unterstützendes soziales Umfeld, die Anerkennung als Opfer und Überlebende*r sowie Schutz vor weiteren Gewalterfahrungen und ein Gefühl von Sicherheit begünstigen den Therapieverlauf.

In der Psychotherapie ist es wichtig, traumaassoziierte Erinnerungen und Gefühle auszusprechen. In anderen Therapieformen, wie in körperorientierten Therapieformen oder der Musik- oder Kunsttherapie, steht der nonverbale Ausdruck im Mittelpunkt.